Testament – Wann zum Notar?
6. November 2016

Ein Testament kann eigenhändig (vollständig selbst geschrieben) verfasst oder notariell beurkundet werden. Beides ist vollständig wirksam. Das notarielle Testament hat auch keine höhere Rechtskraft das handschriftliche. Warum und wann sollte ein Testament also notariell beurkundet werden? Eine nicht ganz einfache Antwort.

Kosten

Die Frage nach der Beurkundung wird meist aus der Kostenperspektive entschieden. Zum Verständnis sind einige grundsätzliche Ausführungen notwendig.

Grundsätzliches

Das handschriftliche Testament kostet zunächst nichts. Nach dem Tod müssen die Erben allerdings fast immer einen sog. Erbschein beantragen. Der Erbschein dient gegenüber Behörden und Gerichten als Nachweis über die Erbenstellung. Er wird vor allem benötigt, wenn sich im Nachlass ein Grundstück befindet. Auch Banken verlangen regelmäßig einen Erbschein für die Umschreibung der Konten des Erblassers auf die Erben.

Liegt ein notarielles Testament vor, ersetzt es den Erbschein im Rechtsverkehr. Im Jahr 2013 hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass auch Banken dies akzeptieren müssen und eine dem widersprechende Klausel in den AGB der Sparkassen für unwirksam erklärt.

Ein notarielles Testament kann auch durch ein handschriftliches Testament abgeändert werden. Das neuere Testament ist im Zweifel immer das gültige. Doch nicht jede Änderung führt dazu, dass das vorangegangene (notarielle) Testament im Rechtsverkehr nicht mehr als Erbnachweis verwendet werden kann. Das ist nur der Fall, wenn die Regelungen zur Erbeinsetzung („Wer wird mit welcher Quote Erbe?“) geändert werden. Werden dagegen beispielsweise nur Vermächtnisse angepasst, ist das ohne Auswirkungen; die Erben erhalten zunächst den gesamten Nachlass und müssen dann die (geänderten) Vermächtnisse erfüllen.

Welche Gebühren fallen an?

Die notarielle Beurkundung eines Testaments kostet eine einfache Notargebühr. Beim gemeinschaftlichen Testament fällt eine doppelte Notargebühr an. Jeweils zzgl. Umsatzsteuer. Bemessungsgrundlage für die Gebühr ist das Vermögen bei Beurkundung.

Das Erbscheinsverfahren ist zweistufig: Zunächst muss ein Antrag (durch Notarurkunde oder direkt bei Gericht) gestellt werden. Danach wird der Erbschein vom Gericht erteilt. Beides kostet jeweils eine Gebühr. Wird der Erbscheinsantrag über einen Notar gestellt, fällt insoweit zusätzlich Umsatzsteuer an. Versterben Ehegatten, sind dies selbständige Erbfälle – auch wenn die Ehegatten ein gemeinschaftliches (handschriftliches) Testament verfasst haben. Die genannten Gebühren fallen so also zweimal an. Bemessungsgrundlage für die Gebühr ist das (jeweilige) Vermögen im (jeweiligen) Erbfall.

Somit scheint das notarielle Testament also günstiger zu sein als das handschriftliche. Aus unserer Erfahrung heraus empfiehlt sich ein notarielles Testament aber erst ab einem gewissen Alter, wenn keine wesentlichen Veränderungen der

Notarielles Testament erst, wenn keine Veränderungen im Erbenkreis und in der Vermögenszusammensetzung mehr zu erwarten sind.

Vermögenszusammensetzung und dem Kreis der voraussichtlichen Erben zu erwarten sind. Ändert sich der Kreis der voraussichtlichen Erben, kann das Anlass für eine andere Erbeinsetzung sein. Das ursprüngliche notarielle Testament wird im Rechtsverkehr ungültig; die Gebühr für das ursprüngliche Testament ist vergeudet. Wer zudem zur Ausnutzung persönlicher Erbschaftsteuerfreibeträge sein Vermögen zu Lebzeiten planvoll in die nächste Generation überträgt, hat zudem im Todesfall ggf. weniger zu vererben, sodass die Bemessungsgrundlage für die Gebühren sinkt.

Neuerungen seit 2016: Europäisches Nachlasszeugnis

Seit 2016 gilt die EU-Erbrechtsverordnung. Sie erleichtert innerhalb Europas die Abwicklung von Erbfällen. Bei einem Nachlass mit Auslandsbezug kann seitdem ein sog. Europäisches Nachlasszeugnis beantragt werden. Nach einigen Unklarheiten zum Start ist inzwischen klar: Das Europäische Nachlasszeugnis dient nicht nur im europäischen Ausland, sondern auch in Deutschland als Nachweis der Erbenstellung und macht damit den Erbschein (in Erbfällen mit Auslandsbezug) überflüssig.

Ein notarielles Testament ersetzt nach den Bestimmungen des deutschen BGB zwar den Erbschein, nicht jedoch das Europäische Nachlasszeugnis. Bei Sachverhalten mit europäischem Auslandsbezug ist deshalb zu prüfen, ob das notarielle Testament im Ausland als Erbnachweis anerkannt wird. Ggf. ist von einem notariellen Testament bei Auslandsbezug also im Einzelfall abzuraten.

Testierfähigkeit

Die notarielle Abfassung eines Testaments ist allerdings immer dann sinnvoll, wenn die Geschäftsfähigkeit (und damit die sog. Testierfähigkeit) des Testamentsverfassers von den späteren Erben bei Streit in Zweifel gezogen werden könnte. Vor Errichtung einer jeden Urkunde muss sich der Notar davon überzeugen, dass die vor ihm erschienene Person sich über die Bedeutung und Tragweite der zu verfassenden Urkunde im Klaren ist. In diesem Fall bringt das notarielle Testament eine erhöhte Sicherheit.

Notarielles Testament auch, wenn Geschäftsfähigkeit des Erblassers festgestellt werden soll.

Gern erarbeiten wir mit Ihnen eine Strategie für den Übergang Ihres Vermögens in die nächste Generation und gestalten Schenkungsverträge und Testamente für Sie. Die Frage nach der Sinnhaftigkeit der Beurkundung prüfen wir in diesem Zusammenhang selbstverständlich mit.

Ihr

Oliver Stehmann