Grundsteuerreform 2022
6. März 2022

Die Grundsteuer betrifft jeden Immobilieneigentümer in Deutschland. Die alten Regelungen zur Grundsteuer wurden 2018 für verfassungswidrig erklärt. Die zugrunde gelegten Werte hatten mit der Realität nichts mehr zu tun. Das liegt daran, dass das Verfahren nie so durchgeführt wurde, wie vom Gesetzgeber erdacht. Alles mit dem neuen Grundsteuergesetz besser werden. Doch bereits jetzt ist klar: Es ist dem Föderalismus zum Opfer gefallen, denn mindestens sechs von 16 Ländern kochen ihr eigenes Süppchen. Auf Bürger, Finanzverwaltung und Steuerberater kommt ein kaum zu bewältigender Berg Arbeit zu, denn alle knapp 36 Millionen Grundstücke in Deutschland müssen neu bewertet werden. Für die Abgabe der Steuererklärungen haben die Bürger vier Monate Zeit; die Finanzverwaltung zur Bearbeitung ca. 2,5 Jahre. Ab dem 1. Januar 2024 wird die neue Grundsteuer erhoben. Ein Überblick über die Regelungen für Hessen und Nordrhein-Westfalen.

Die Werte aller Grundstücke werden in der sog. „Hauptfeststellung“ deutschlandweit turnusmäßig ermittelt. Das gab es auch nach dem bisherigen Recht schon: Die erste Hauptfeststellung erfolgte im Jahr 1935. Durch den Krieg verzögerte sich die nächste Hauptfeststellung. Sie fand erst im Jahr 1964 statt und auch nur auf dem Gebiet der damaligen Bundesrepublik. Das Hauptfeststellungsverfahren entpuppte allerdings als extrem aufwendig. Weitere Feststellungen erfolgten nicht mehr. Somit werden also Werte/Ermittlungsmethoden des Jahres 1964 in den alten und des Jahres 1935 in den neuen Bundesländern für die Bewertung zugrunde gelegt.

Nunmehr soll die Hauptfeststellung alle sieben (statt sechs) Jahre durchgeführt werden. Man erhoffte sich seitens des Gesetzgebers, dass das in Zeiten der Digitalisierung stemmbar ist. Deshalb müssen auch alle Erklärungen digital eingereicht werden.

Neuregelung: Das Bundesmodell
(Anwendung in Nordrhein-Westfalen)

Das Bundesmodell ist an die erbschaft- und schenkungsteuerlichen Bewertungen angelehnt worden. Diese sind teilweise noch etwas vereinfacht worden. Für eine Bewertung werden aber noch immer realtiv viele Daten benötigt.

Unbebaute Grundstücke

Das Bundesmodell unterscheidet zunächst zwischen bebauten und unbebauten Grundstücken.

Unbebaute Grundstücke werden durch Multiplikation ihrer Fläche mit dem Bodenrichtwert bewertet.

Bebaute Grundstücke

Bebaute Grundstücke werden nach ihrer Bebauung unterschieden.

Das Ertragswertverfahren

Im Ertragswertverfahren werden Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser, Mietwohngrundstücke (das sind zu mindestens 80 % zu Wohnzwecken vermietete Immobilien, die nicht Ein- oder Zweifamilienhäuser sind) und Wohnungseigentum bewertet.

Vereinfacht ausgedrückt, wird die erzielbare Miete abzüglich pauschaler Kosten mit der (abgezinsten) Restnutzungsdauer des Gebäudes multipliziert. Der Bodenwert (Grundstücksfläche x Bodenrichtwert) wird hinzuaddiert.

Was zunächst einfach klingt, entpuppt sich in einer Vielzahl von Fällen als aufwendig:

Das Sachwertverfahren

Im Sachwertverfahren werden die übrigen bebauten Grundstücke bewertet, also z. B. Geschäftsgrundstücke und gemischt genutzte Grundstücke.

Zur Ermittlung des Sachwerts werden die ursprünglichen Herstellungskosten (abhängig von Objektart und Baujahr) mit der sog. Bruttogrundfläche – das ist (vereinfacht ausgedrückt) die Fläche aller Geschosse ohne Wände – multipliziert. Von diesen Herstellungskosten wird ein Alterswertabschlag (linear im Verhältnis zwischen Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes und Restnutzungsdauer) abgezogen und schließlich der Bodenwert des Grundstücks (Fläche x Bodenrichtwert) hinzuaddiert.

Schwierigkeiten bestehen auch hier bei An- und Umbaumaßnahmen oder Kernsanierungen, da dies Auswirkung auf Baujahr oder die Restnutzungsdauer haben kann.

Nach der Ermittlung des Grundstückswerts

Ist der Grundstückswert ermittelt, wird er mit der Steuermesszahl multipliziert. Das ergibt den Steuermessbetrag. Der Steuermessbetrag wird mit dem Hebesatz der Gemeinde multipliziert. Das ergibt die jährliche Grundsteuer. Da die Hebesätze der Gemeinde noch nicht festgelegt ist, kann die künftige Grundsteuer derzeit noch nicht ermittelt werden.

Neuregelung: Hessisches Flächen-Faktor-Modell

Die hessische Regelung ist kommt mit weniger Datensätzen als das Bundesmodell aus. Ermittelt wird hier nicht der Grundstückswert, sondern direkt der Steuermessbetrag, also der Wert, der mit dem Hebesatz der Gemeinde multipliziert wird, um die jährliche Grundsteuer zu berechnen.

Dafür wird der Bodenwert (Grundstücksfläche x Bodenrichtwert) mit dem Faktor 0,04 multipliziert, um den „Messbetrag des Bodens“ zu ermitteln. Zu diesem wird der „Messbetrag des Gebäudes“ hinzuaddiert. Dieser errechnet sich aus der Wohnfläche, multipliziert mit 0,50 EUR/m2. Dieser Wert für Wohngebäude noch einmal um 30% reduziert. Die Summe aus „Boden- und Gebäudemessbetrag“ wird dann noch um einen Lagefaktor korrigiert: der Lagefaktor errechnet sich aus dem konkreten Bodenrichtwert des Grundstücks zum durchschnittlichen Bodenrichtwert der Gemeinde.

Die Schwierigkeiten des hessischen Modells werden, da es keiner bislang bekannten steuerlichen Bewertungspraxis folgt, sich in der Umsetzung herauskristallisieren. die großen Problematiken des Bundesmodells (unterschiedliche Baujahre, Kernsanierungen oder die Ermittlung der Bruttogrundfläche) sind hier nicht relevant. Praxisprobleme dürften sich vermutlich im Bereich der Bodenwertermittlung (z. B. bei verschiedenen Richtwertzonen innerhalb eines Grundstücks) und in der Ermittlung der Wohnnutzung ergeben.

Unsere Tätigkeit für Sie

Wir unterstützen unsere Mandanten wie gewohnt in der Steuerdeklaration. Hierzu werden wir eine digitale Schnittstelle anbieten und unsere Mandanten kontaktieren, sobald diese zur Verfügung steht.

Ihr

Oliver Stehmann