Dürfen Arbeitnehmer nach Hause geschickt werden?
17. März 2020

Grundsätzlich besitzen Arbeitnehmer einen Beschäftigungsanspruch. Dieser entfällt jedoch, falls schützenswerte Suspendierungsinteressen bei Ihnen als Arbeitgeber überwiegen. Dies ist bei nachfolgenden Umständen der Fall:

Besteht keine Arbeitsunfähigkeit, kein Anspruch auf Krankengeld und keine hoheitlich angeordnete Quarantäne, ist das Arbeitsentgelt grundsätzlich fortzuzahlen. Der Arbeitgeber darf etwaigen Resturlaub auf die Suspendierung nicht anrechnen. Bei vereinbarten Arbeitszeitkontenmodellen kommt ein Verbrauch von Stundenguthaben oder auch der Aufbau von Minusstunden in Betracht.

Die Risikogebiete werden vom Robert-Koch-Institut unter folgender Internet-Adresse tagesaktuell publiziert:

https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikogebiete.html(externer Link)

Verwaltungsvermögen – Schon alles fest im Blick? (Update: November 2019)
23. September 2019

Gut drei Jahre liegt die letzte durchgreifende Reform in der Erbschaftsteuer nunmehr zurück. Für jeden mittelständischen Unternehmer lohnt seitdem ein genauerer Blick auf das eigene Unternehmen durch die erbschaftsteuerliche Brille. Und das gegebenenfalls permanent, denn vieles ist komplizierter geworden, auch wenn die Gedanken hinter dem neuen Erbschaftsteuerrecht zunächst einfach erscheinen mögen.

Zur Erinnerung: Der Gesetzgeber hatte vom Bundesverfassungsgericht die Aufgabe erhalten, bei der Erbschaftsteuer nachzubessern. Zwar sind die weitgehenden Steuerbegünstigungen von 85% (sog. Regelverschonung) oder gar 100% (sog. Optionsverschonung) des Unternehmenswerts verfassungsrechtlich in Ordnung, weil sie einem höherrangigen Ziel – dem Erhalt von Arbeitsplätzen – dienen. Allerdings mussten die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Begünstigungen verschärft werden. Das hat er im Jahr 2016 erledigt. Vereinfacht ausgedrückt, sollte vor allem Folgendes erreicht werden:

  1. Der Erhalt von Arbeitsplätzen wird anhand der Arbeitslöhne überprüft, die in den folgenden Jahren nach dem Erbfall bestimmte Höhen erreichen müssen (sog. Lohnsummenkontrolle). Kleinere Betriebe (mit 20 oder weniger Beschäftigten) mussten die nach dem Erbfall einzuhaltenden Lohnsummen nach altem Recht nicht erfüllen. Die Grenze ist von 20 auf fünf Beschäftigte gesenkt worden, weil auch kleinere Unternehmen verfassungsrechtlich nur dann begünstigungswürdig sind, wenn Arbeitsplätze erhalten werden.
  2. Großvermögen sollten nicht mehr von den erheblichen Vergünstigungen in der Erbschaftsteuer profitieren; hier wurde eine Grenze von 26 Millionen Euro (für alle Erwerbsfälle von derselben Person in 10 Jahren zusammengerechnet) gezogen.
  3. Nicht produktives Vermögen (erbschaftsteuerlich Verwaltungsvermögen genannt) eines Unternehmens sollte grundsätzlich nicht mehr begünstigt werden. Vorher galt die „Fallbeilmethode“: Setzte sich der Unternehmenswert aus weniger als 50 % Verwaltungsvermögen zusammen, war auch das Verwaltungsvermögen mitbegünstigt. Bei mehr als 50 % Verwaltungsvermögensquote war das ganze Unternehmen nicht mehr begünstigt. Nunmehr gilt Aufteilung statt Fallbeil: Der Unternehmenswert wird aufgeteilt und der produktive Teil begünstigt; das Verwaltungsvermögen erfährt grundsätzlich keine Begünstigung.
  4. Kaskadeneffekte sollten beseitigt werden. Durch Umschichtungen von Vermögen in Konzernen war es bis dahin möglich, die 50 %-Grenze durch geschickte Verlagerungen von Vermögen im Konzern auszureizen, um möglichst viel unproduktives Vermögen beim Übergang in die nächste Generation mit zu begünstigen. Heute wird die Verwaltungsvermögensbetrachtung nur noch auf Ebene der obersten Gesellschaft unter Einbeziehung aller Gesellschaften des Konzerns durchgeführt (sog. Verbundvermögensaufstellung). Die Gesamtquote im Verhältnis zum Gesamtwert entscheidet dann über den Umfang der Begünstigung.

Umsetzung im Gesetz

Die Umsetzung dieser Grundgedanken ist im Gesetz bereits sehr kompliziert. Der Betriebsvermögensbegünstigung sind aus verwaltungsökonomischen Gründen zudem zwei Grenzen gesetzt worden: Setzt sich der Unternehmenswert zu weniger als 10 % aus Verwaltungsvermögen zusammen, wird das Verwaltungsvermögen mitbegünstigt („Schmutzzuschlag“). Im Gegenstück dazu ist ein Unternehmen, das zu mehr als 90 % aus Verwaltungsvermögen besteht, gar nicht mehr begünstigt; das Fallbeil ist also noch existent. Man mag das als Randthema erachten. Dieser sog. 90 %-Test ist durch den Gesetzgeber allerdings derart unglücklich ausgestaltet worden, dass er zu teils völlig willkürlichen Ergebnissen führt. Auch rein produktive Unternehmen können so plötzlich von der Begünstigung ausgeschlossen sein. Zwar haben Industrieverbände und die Verbände der beratenden Berufe den Gesetzgeber schon im Vorfeld auf die misslungene Regelung aufmerksam gemacht und tun dies bis zum heutigen Tag, doch sind diese Rufe beim Gesetzgeber und in der Finanzverwaltung bislang ungehört verhallt. Auch die noch im Entwurf vorliegenden Erbschaftsteuerrichtlinien 2019 halten sich an den Wortlaut des Gesetzes und verschärfen ihn sogar teils. Unternehmer sollten ihr Verwaltungsvermögen deshalb einer regelmäßigen Prüfung unterziehen.

Was muss beachtet werden?

Doch was ist im Gesetz nun so unglücklich gelaufen? Bereits im Jahr 2013 hat der Gesetzgeber auf einen Missstand reagiert, der es zuvor ermöglichte, Geld in eine neu gegründete Gesellschaft ohne weiteren Unternehmenszweck zu übertragen und diese Gesellschaft steuerfrei in die nächste Generation zu transferieren. Seit Mitte 2013 werden deshalb auch die Bestände an sog. Finanzmitteln (also Geld und Forderungen) sowie Schulden überprüft und – wenn zu hoch – als Verwaltungsvermögen eingestuft. Beim in 2016 eingeführten 90 %-Test findet allerdings kein Schuldenabzug statt, d. h. alle Finanzmittel sind plötzlich schädliches Verwaltungsvermögen im Sinne des 90 %-Tests. So können Unternehmen völlig unerwartet die gesamte erbschaftsteuerliche Begünstigung verlieren!

Der 90 %-Test ist eine Verhältnisrechnung zwischen Unternehmenswert und Verwaltungsvermögen. Problematisch sind deshalb einerseits ein niedriger erbschaftsteuerlicher Unternehmenswert und andererseits hohe Bestände an Finanzmitteln (Forderungen und Liquidität) oder die Kombination aus beidem. Der erbschaftsteuerliche Unternehmenswert ermittelt sich (stark vereinfacht) anhand des durchschnittlichen Jahresergebnisses nach Steuern der vergangenen drei Jahre multipliziert mit 13,75 (sog. Ertragswert); Mindestwert ist allerdings der sog. Substanzwert, also das steuerliche Eigenkapital mit einigen erbschaftsteuerlichen Korrekturen.

Wir haben in unserer Praxis einige Fallgruppen ausgemacht, in denen produktive Unternehmen gefährdet sind, den 90 %-Test nicht zu bestehen. Exemplarisch seien hier genannt:

Umschlagstarke Handelsunternehmen

Handelsunternehmen kämpfen heute stärker denn je um ihre Margen. Sie haben vermutlich einen niedrigen Unternehmenswert, auch bei stabilen Jahresergebnissen. Ist nun – was den Regelfall darstellen dürfte – das Forderungsvolumen hoch, kann dies zum Nichtbestehen des 90 %-Tests führen.

Langjährig thesaurierende Unternehmen

Schütten Unternehmen ihre Gewinne nicht aus, sondern thesaurieren sie jahrelang, kann das ebenfalls zu einem kompletten Entfall der Begünstigung führen. Meist ist das bereits an hohen Liquiditätsreserven erkennbar.

Unternehmen mit langen Zahlungszielen

Der Forderungsbestand kann im Verhältnis zum Unternehmenswert auch infolge langer Zahlungsziele so hoch sein, dass die 90 %-Hürde gerissen wird. Solche Zahlungsziele finden sich häufig im Geschäft mit ausländischen Unternehmen.

Langfristige Auftragsfertiger

Langfristige Auftragsfertiger (z. B. Bauunternehmen, Großanlagenbauer) haben möglicherweise einen hohen Bestand an geleisteten Anzahlungen. Solche Unternehmen stehen vor der Herausforderung, dass nach bisheriger Auffassung der Finanzverwaltung, die bereits aus dem Jahr 2013 stammt und in den Entwurf der Erbschaftsteuerrichtlinien 2019 unverändert übernommen wurde, auch geleistete Anzahlungen unter die Finanzmittel fallen.

Erbschaftsteuerrichtlinien 2019

Die am 11. Oktober 2019 verabschiedeten Erbschaftsteuerrichtlinien haben im Vergleich zum dem bereits im Januar 2019 veröffentlichten Entwurf leider keine Verbesserungen gebracht. Einschränkende Auslegungen des missglückten 90%-Tests finden sich entgegen aller Anregungen und Kritik aus Fachkreisen nicht. Zwar hat ein erstes Finanzgericht bereits Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit der Regelung geäußert; bis zu einer Entscheidung (so der Fall überhaupt einmal beim Bundesverfassungsgericht landet) werden aber Jahre ins Land gehen, in denen man sich auf die uneingeschränkte Geltung des 90%-Tests vorbereiten sollte.

Maßnahmen

Bei der notwendigen Überwachung des Verwaltungsvermögens müssen Unternehmer zunächst den erbschaftsteuerlichen Wert ihres Unternehmens im Blick haben. Zudem muss das Verwaltungsvermögen (Finanzmittel aber auch sonstiges Verwaltungsvermögen) als solches identifiziert und zum Unternehmenswert ins Verhältnis gesetzt werden. Danach kann entschieden werden, welche Maßnahmen sinnvoll sind, sollte das Unternehmen den 90 %-Test nicht bestehen oder nur knapp unterhalb der Grenze liegen. So kann z. B. eine Gewinnausschüttung geboten sein oder durch Steuerung von Zahlungszielen oder Rechnungsstellungszeitpunkten Abhilfe geschaffen werden. Allerdings wirken nicht alle Maßnahmen gleich: Manche greifen nur im Erbfall, andere dagegen in Erb- und in Schenkungsfällen.

Fazit

Ein Unternehmer denkt über die einkommensteuerlichen Verhältnisse seines aktuellen Bilanzbildes hinaus und hat daneben die Erbschaft-/Schenkungsteuer fest im Blick. Verwaltungsvermögen sollte regelmäßig zumindest überschlägig einer fortlaufenden Überwachung unterworfen werden, um keine negativen Überraschungen zu erleben. So können Maßnahmen getroffen werden, die im Ernstfall hohe Definitivsteuerbelastungen verhindern.

Ihr
Oliver Stehmann

Das Unternehmertestament
14. November 2018

„Es ist ein fröhlich Ding um aller Menschen Sterben: Es freuen sich darauf die gerne-reichen Erben. Die Priester freuen sich, das Opfer zu genießen. Die Würmer freuen sich an einem guten Bissen. Die Engel freuen sich, die Seelen heimzuführen. Der Teufel freut sich, im Fall sie ihm gebühren.“ (Friedrich Freiherr von Logau)

Mit diesem etwas humorvollen Blick auf den Tod, kann man sich dem schwierigen Thema „Testament“ vielleicht etwas lockerer nähern. Viele Punkte wollen gerade für Unternehmer im Rahmen einer verantwortungsvollen Nachfolgeplanung bedacht sein. Hierzu empfiehlt sich der Beitrag zur generationenübergreifenden Familienstrategie. In diesem Beitrag soll nun das Testament als Kern der rechtlichen Gestaltung für den Todesfall näher unter die Lupe genommen werden. Damit die Erben tatsächlich – bei aller Trauer wegen des Todes eines lieben Menschen – dankbar sein können, dass sie geordnete Verhältnisse vorfinden.

A. Was es in den Blick zu nehmen gilt

Mit Ihrem Testament regeln Sie die Verteilung Ihres Vermögens im Erbfall. Nicht mehr. Nicht weniger. Alles weitere leiten Sie idealerweise im Vorfeld in die Wege. Die klassischen Themen im Bereich des neudeutsch auch „Estate Planning“ genannten Vorgangs der Nachfolgeplanung sind:

1. Gerechte Vermögensverteilung

Beinahe jeder Unternehmer wünscht sich eine gerechte Vermögensverteilung. Darunter wird meist verstanden: „Mein Ehegatte soll versorgt sein. Meine Kinder sollen alle einen gleichen Teil von meinem/unserem (Ehegatten-)Vermögen bekommen.“ Dieser Gedanke ist auch in der gesetzlichen Erbfolge grundsätzlich enthalten: Danach erhält der Ehegatte grundsätzlich die Hälfte des Vermögens und teilen die Kinder die andere Hälfte zu gleichen Teilen unter sich auf.

Die Realität sieht anders aus. Vermögen ist oft in sehr unterschiedlich wertvollen oder nur kaum bewertbaren Vermögensgegenständen gebunden, die zudem vielleicht nicht teilbar sind. Oder es müssen die individuellen familiären Verhältnisse berücksichtigt werden: So kann in einem Fall vielleicht ein Kind selbst leider keine Nachkommen haben. In einem ganz anders gelagerten Fall leben die Kinder vielleicht im Unfrieden. In Familiengesellschaften mit mehreren Stämmen könnten auch vertragliche Absprachen besondere Regelungen erfordern, z. B. „Thronfolgerregelungen“ im Gesellschaftsvertrag oder auch „qualifizierte Nachfolgeklauseln“. Oder das Vermögen ist zwischen Ehegatten sehr unterschiedlich verteilt, wobei ein Kind das Vermögen des einen und das andere Kind das Vermögen des anderen Ehegatten erben soll. Oft stellt sich bei Unternehmern mit entsprechendem Vermögen deshalb schnell heraus, dass eine „gerechte Lösung“ nicht einfach oder vielleicht auch gar nicht umsetzbar ist.

Ob all das bereits zu Lebzeiten mit den potentiellen Erben besprochen wird, bedarf einer sorgsamen Einschätzung. In der sich wandelnden Gesellschaft begrüßt die Mehrheit der Menschen nach unserer Erfahrung allerdings Transparenz – auch in schwierigen Themen.

2. Vermeidung von Pflichtteilsansprüchen

Ist keine „gerechte Verteilung“ im obigen Sinne möglich, können Rechte nahestehender Personen entstehen, die sie gegen diejenigen durchsetzen können, die „zuviel“ erhalten. Diese nahestehenden Personen (Ehegatten, Kinder und – wenn keine Kinder vorhanden sind – Eltern) haben sog. Pflichtteilsansprüche. Hierbei handelt es sich um den grundsätzlich unentziehbaren Anteil am Erbe. Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Nächste Verwandte werden so vor einer vollständigen Enterbung geschützt. Um eine allzu leichte Umgehung zu vermeiden, sieht das Gesetz aber auch Ansprüche für die Fälle vor, dass entweder ein Pflichtteilsberechtigter zwar Erbe wird, aber weniger als seinen Pflichtteil erhält oder dass der Erblasser das Vermögen „kurz“ vor seinem Tod übertragen hat. Im ersten Fall erhält der Erbe den Zusatzpflichtteil, also eine Auffüllung seines Erbanspruchs bis zur Höhe des Pflichtteils. Im zweiten Fall schafft das Gesetz eine Hürde, indem alle Schenkungen der letzten 10 Jahre in die Pflichtteilsermittlung (je nach Länge des Zurückliegens zeitanteilig) einbezogen werden.

Das Fatale an den Pflichtteilsansprüchen ist: Es handelt sich um Geldansprüche. Immerhin entstehen sie nicht automatisch, sondern müssen geltend gemacht werden. Wer den Pflichtteilsanspruch erfüllen muss, ist in der Finanzierungslast. Kann das Vermögen nicht so verteilt werden, dass Pflichtteilsansprüche vermieden werden, stellt sich entweder die Frage nach einem Pflichtteilsverzicht oder die Frage nach der Verteilung des Vermögens, sodass der potentiell Verpflichtete ausreichend Kapitalvermögen erhält, um solche Ansprüche zu erfüllen.

3. Erbschaftsteuer

Kapitalvermögen wird von den Erben auch zur Begleichung der Erbschaftsteuer – so sie nicht durch geschickte Verteilung (weitgehend) vermieden werden kann – benötigt. Vor allem das Unternehmen sollte deshalb immer wieder erbschaftsteuerlich in den Blick genommen werden; gerade bei größeren Familienunternehmen mit Konzernstrukturen ist das aufwendig und zieht entsprechende Kosten nach sich. Dennoch sind die Erkenntnisse fast immer erhellend, weil gerade im Unternehmensbereich die Erbschaftsbesteuerung mit ihren zahlreichen Wechselwirkungen innerhalb der Bewertungen sowie zwischen Bewertungen und Steuerbefreiungen derart komplex geworden ist, dass sich pauschale Empfehlungen kaum noch treffen lassen. So ergeben sich für die Zusammensetzung des Unternehmensvermögens häufig individuelle Gestaltungsempfehlungen.

4. Sonstige Steuern

Daneben ist gerade im Bereich von Personengesellschaften und Einzelunternehmen die Einkommensbesteuerung – die sich ja auf Ebene der Gesellschafter abspielt – im Erbfall eine Herausforderung. Fallen steuerlich zusammengehörige Teile (ungewollt) auseinander (z. B. bei Entnahme von sog. Sonderbetriebsvermögen oder bei Wegfall einer Betriebsaufspaltung) oder werden sie (ungewollt) zusammengeführt, kann das zu unerwünschten steuerlichen Effekten führen. Mögliche Folge: Steuerzahlung ohne Liquiditätszufluss.

B. Planvolles Vorgehen

Um alle obenstehenden Belange angemessen zu berücksichtigen, bedarf es deshalb einer kompetent aufbereiteten Vermögensaufstellung im Vorfeld der eigentlichen Gestaltung eines Unternehmertestaments. Die Folgewirkungen einer solchen Gestaltung können sonst nicht abgeschätzt werden. Im Rahmen dieser Aufstellung wird das Vermögen aber nicht nur aufgelistet, sondern auch den potentiellen Erben zugeordnet sowie Steuerbelastungen, Pflichtteile und vieles mehr ermittelt. Das bedeutet aber nicht, dass hieraus zwangsläufig ein seitenlanges und unübersichtliches Testament folgt; hier gilt es zu kategorisieren und eine gute Erbquote zu finden, die für die meisten Vermögensbestandteile – die nicht einzeln verteilt werden müssen – greift.

In diesem planvollen Vorgehen spielen alle Disziplinen ineinander: Recht, Steuern, Betriebswirtschaft, Unternehmens- und Immobilienbewertung. Nur unter Berücksichtigung aller Disziplinen können unerwünschte Folgewirkungen vermieden und kann der beste Ausgleich aller Interessen gefunden werden.

C. Umsetzung

Sind die vorstehenden Belange zu einem guten Ausgleich gebracht, muss dieser in einem Schriftstück münden. Ob eine notarielle Beurkundung sinnvoll oder gar von ihr abzuraten ist, ob dem Testament ein Erbvertrag vorzuziehen ist oder ob mit Erbquoten, Vermächtnissen oder Teilungsanordnungen gearbeitet wird, sind letztlich Fragen, die nicht im Vordergrund stehen, sondern sich an der gefundenen Lösung zu orientieren haben. Für den gestaltenden Berater ist deshalb eine umfassende Kenntnis des Erb-, Steuer- und Gesellschaftsrechts von unabdingbarer Bedeutung.

Ihr

Oliver Stehmann

Wann die Einzelveranlagung von Ehegatten günstiger ist
5. April 2018

Das Grundgesetz fördert Ehe und Familie in besonderer Weise. Eine Folge davon ist die Zusammenveranlagung von Ehegatten zur Einkommensteuer. In der Regel profitieren die Ehegatten davon. Doch es gibt Ausnahmen.

Die Zusammenveranlagung ist im Normalfall günstiger. Das ist recht einfach erklärt: Nutzt ein Ehegatte seine Freibeträge und Vergünstigungen nicht vollständig aus, bleibt dieses nicht ausgeschöpfte Potential nicht ungenutzt, sondern wird dem anderen Ehegatten zur Verfügung gestellt. Rechtstechnisch werden hierfür Freibeträge etc. addiert und auf das gemeinsame Einkommen der Ehegatten angewendet.

In Einzelfällen ist dennoch die Einzelveranlagung von Ehegatten günstiger. Das liegt an der systematischen Ausgestaltung mancher Vergünstigungen und Belastungen. Einige Beispiele:

Sonderausgaben

Der Sonderausgabenabzug für Vorsorgeaufwendungen (z. B. Kranken-, Pflege-, Haftpflicht-, Unfall- und Arbeitslosenversicherung) auf EUR 2.800 (für Selbständige) bzw. EUR 1.900 (für Arbeitnehmer) pro Person beschränkt. Auch hier werden die Grenzen für Ehegatten addiert. Allerdings sind die Beiträge für Kranken- und Pflegeversicherung immer voll abzugsfähig. Übersteigen – wie häufig – die Krankenversicherungsbeiträge der Ehegatten den Höchstbetrag der Vorsorgeaufwendungen, laufen also die weiteren Vorsorgeaufwendungen (Haftpflicht-, Unfall- und ähnliche Versicherungen) ins Leere. Liegen die Vorsorgeaufwendungen des einen Ehegatten unterhalb des Höchstbetrags, werden bei der Einzelveranlagung andere – bei Zusammenveranlagung ins Leere laufende – Vorsorgeaufwendungen bis zur Ausschöpfung des Höchstbetrags berücksichtigt. Bei Zusammenveranlagung wären sie durch Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge des anderen Ehegatten mit verbraucht worden.

Außergewöhnliche Belastungen

Außergewöhnliche Belastungen wie z. B. Krankheitskosten sind nur abzugsfähig, wenn sie das Nettoeinkommen über Gebühr belasten. Die Grenze wird als zumutbare Eigenbelastung bezeichnet und hängt von Einkommen, Familienstand und Kinderzahl ab. Bei einer Einzelveranlagung ist es denkbar, dass ein Ehegatte mit seinen Krankheitskosten seine zumutbare Eigenbelastung überschreitet, weil diese Grenze nur von seinen Einkünften und nicht von den Gesamteinkünften der Ehegatten berechnet wird.

Lohnersatzleistungen

Lohnersatzleistungen (z. B. Elterngeld oder Krankengeld) werden (formal) nicht besteuert. Sie erhöhen aber den Steuersatz auf die übrigen Einkünfte (sog. Progressionsvorbehalt). Bei einer Zusammenveranlagung erhöht sich deshalb auch der Steuersatz der Einkünfte des Ehegatten, der diese Lohnersatzleistungen nicht erhält.

Kirchgeld

Ist nur einer der Ehegatten Kirchenmitglied besteht eine sog. „glaubensverschiedene Ehe“. Ist ein Ehegatte kein Kirchenmitglied und hat keine eigenen Einkünfte, erhebt die Kirche ein besonderes Kirchgeld in glaubensverschiedener Ehe von bis zu EUR 3.600 pro Jahr. Durch Einzelveranlagung wird dies vermieden.

Verluste

Hat einer der Ehegatten steuerliche Verluste erzielt, werden diese mit den Einkünften des anderen Ehegatten verrechnet. Sind die Verluste entsprechend hoch, kann Verlustverrechnung die Einkünfte beider Ehegatten soweit mindern, dass keine Steuer mehr anfällt. Allerdings bleiben so möglicherweise z. B. Sonderausgaben oder Steuerermäßigungen auf Handwerkerleistungen ungenutzt. Hier kann eine Einzelveranlagung (ggf. in Kombination mit einem Rücktrag des Verlusts in das Vorjahr) vorteilhaft sein. Gerade bei der Verlustverrechnung ist ein Steuervorteil nicht immer eindeutig zu ermitteln, weil diese meist auch von künftigen Verhältnissen (z. B. Einkommen und Steuersätze der Folgejahre) abhängt, die bei Erstellung der Steuererklärung noch unbekannt sind.

Wir prüfen für unsere Mandanten im Rahmen der Erstellung der Steuererklärungen stets, welche Veranlagungsform im entsprechenden Jahr die Günstigere ist.

Ihr

Oliver Stehmann

Beirat, Aufsichtsrat, Verwaltungsrat – Mittelständische Alternativen zur Aktiengesellschaft?
15. September 2017

„Bin ich für die Zukunft richtig aufgestellt?“ Diese Frage stellt sich wohl jeder mittelständische Unternehmer. Nicht nur das eigene Leben hat sich verändert und man denkt vielleicht bereits ein erstes Mal oder sogar schon sehr konkret an Nachfolge. Auch die großen Themen Digitalisierung und Globalisierung verlangen von beinahe jedem Mittelständler immer wieder wegweisende Entscheidungen. Entscheidungen, die so mancher nur noch ungern allein oder im kleinen Kreis der Geschäftsführung trifft. So verwundert es nicht, dass das Bedürfnis nach gutem (internen) Management und hochwertiger (externer) Beratung oder gar Kontrolle steigt. Und so entsteht auch häufig der Wunsch nach einem Gremium, das einerseits Hand in Hand mit den übrigen Abteilungen des Unternehmens arbeitet und das andererseits echte Beratungs- und Kontrollfunktionen übernehmen kann. Perfekte Voraussetzungen für die Aktiengesellschaft? Wir denken: Es gibt im Mittelstand meist bessere Alternativen!

Aktiengesellschaft

Die Aktiengesellschaft ist seit Einführung der sog. „kleinen AG“ auch im Mittelstand angekommen. Vom Renommee der Bezeichnungen wie „Vorstand“ oder „Aufsichtsrat“ einmal abgesehen, liegt ein handfestes Argument für die AG in ihrer Struktur, welche die Geschäftsleitung (Vorstand) autonomisiert und gleichzeitig rechenschaftspflichtig gegenüber dem Aufsichtsrat macht, dabei aber den Gesellschaftern die Kontrolle entzieht.

Im Mittelstand gibt es oft gute Alternativen zur AG!

Doch bei allen Vorteilen kann die AG ihre Herkunft nicht verbergen: Ihre Wurzeln liegen in der Kapitalbeschaffung, die relativ unkompliziert und schnell durch Ausgabe von Aktien möglich ist. Durch deren Handelbarkeit ist ein kurzfristiger Verkauf (am Kapitalmarkt) gesichert; mit diesem Wissen wird Investoren der Einstieg erleichtert. Diese einfache Kapitalbeschaffung hat ihren Preis in strengen Regularien. Trotz zahlreicher Erleichterungen für die kleine AG, bleibt auch sie formal, starr und relativ kostspielig.

Mittelständische Alternativen

Die Beratungspraxis hat deshalb Wege entwickelt, die Vorteile eines Beratungs- und Aufsichtsgremiums wie dem Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft mit denen des Handlings einer GmbH & Co. KG oder einer GmbH zu verbinden. Die folgenden Ausführungen beziehen sich nur auf freiwillige Gremien und nicht auf infolge gesetzlicher Regelungen (z. B. Mitbestimmungsgesetz) zu bildende Pflichtgremien.

Funktion und Benennung

Die Anforderungen an die Funktion des Gremiums müssen vor seiner Errichtung erarbeitet werden. Einige exemplarische Fragen sind: In welchem Maß soll die Geschäftsführung überwacht werden? Sind Gesellschafterinteressen auszugleichen oder ist gar Gesellschafterstreit zu schlichten? Soll das Gremium zum Erhalt oder zur Verbesserung der Unternehmensreputation beitragen? Fungiert es als Informationsfilter für die Gesellschafter?

Der Name eines solchen Gremiums ist frei wählbar. In der Praxis haben sich aber einige Begriffe für bestimmte Funktionen etabliert. So wird ein Gremium mit überwiegender Beratungs- oder Schlichtungsfunktion im Regelfall als Beirat und mit hauptsächlicher Kontrollfunktion dagegen als Aufsichtsrat bezeichnet. Auch – rechtlich allerdings nur bedingt umsetzbare – Mischfunktionen aus Geschäftsführung und Kontrolle sind denkbar; so ausgestaltete Gremien werden meist Verwaltungsrat oder Executive Board genannt.

Besetzung

Die Besetzung des Gremiums erfolgt im Regelfall durch einfachen Mehrheitsbeschluss der Gesellschafter. Juristisch herrscht hier weitgehende Gestaltungsfreiheit. So kann eine qualifizierte Mehrheit vorgesehen oder einzelnen Gesellschafterstämmen ein Besetzungsrecht für je ein Mitglied eingeräumt werden. Letzteres ist von besonderer Bedeutung, wenn das Gremium auch weitreichende Schlichtungsaufgaben hat.

Persönliche Eignung

Ein ausschließlich mit Vertrauten (Familienmitglieder, Hausanwalt, Steuerberater oder Banker) besetztes Gremium bringt nur einen begrenzten Mehrwert. Wer dem Gremium echte Bedeutung beimisst und von ihm unternehmerisches Fortkommen erwartet, besetzt sein Gremium mit im Wirtschaftsleben erfahrenen Personen anhand der auszufüllenden Funktionen.

Kontroll- oder Beratungsgremien müssen sich als Sparringspartner der Geschäftsführung erweisen. Sie benötigen regelmäßig einen Kaufmann und daneben einen Ingenieur in technisch entwicklungsstarken Unternehmen oder einen IT-Experten in Unternehmen, die vor den Herausforderungen der „Industrie 4.0“ stehen. Natürlich sind ehemalige Geschäftsführer häufig eine gute Wahl, um sich deren Erfahrung und Fachwissen noch einige Zeit zu sichern. Es ist aber nicht zwingend notwendig, dass die Mitglieder eines solchen Gremiums in derselben Branche oder gar im Unternehmen tätig waren; allerdings benötigen unternehmensfremde Personen eine hohe Auffassungsgabe und ein gutes allgemeines betriebswirtschaftliches und technisches Verständnis, um sich in die Unternehmenssituation schnell hineinzudenken. Branchenfremde Personen ermöglichen dafür den häufig lohnenswerten Blick über den eigenen Tellerrand. Als ständige Gäste oder stimmrechtlose Mitglieder bieten sich der eigene Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater und erfahrene Bankberater an, weil sie neben ihrem kaufmännischen Sachverstand Jahresabschluss, Steuern und Finanzierungsfragen frühzeitig in den Blick nehmen können.

Gremien mit einer überwiegenden Schlichtungsfunktion benötigen Personen, die wirtschaftlichen Sachverstand und emotionales Einfühlungsvermögen mitbringen, im Kern aber ausgeprägt rational denkend sind. Die Besetzung sollte durch einzelne Gesellschafterstämme erfolgen, die dann durch ihr Mitglied im Gremium repräsentativ vertreten sind.

In Mischfunktionsgremien ist ein Teil oder gar die ganze Geschäftsführung auch Mitglied des Gremiums selbst.

Haftung und Vergütung

Mit wachsender Verantwortung steigen auch die Haftungsrisiken. Dieser Grundsatz gilt auch für die Gremiumsmitglieder. Immer häufiger scheuen Personen dieses Haftungsrisiko und erwarten dessen weitgehende Beschränkung (z. B. auf bloß vorsätzliche Schädigungen). Auf solche Forderungen sollte nicht vorschnell eingegangen werden; schließlich kann das Haftungsrisiko die Intensität und Qualität der Entscheidungen verbessern. Im Gegenzug darf das Gremiumsmitglied eine angemessene Vergütung erwarten. In der wechselseitigen Beziehung von Haftung und Vergütung beschreiten mittelständische Unternehmen meist einen Mittelweg: Vergütungen wie die Aufsichtsratsvergütungen von Großkonzernen können und sollen nicht gezahlt werden. Deshalb erfolgt eine angemessene Abmilderung des Haftungsrisikos durch Einschluss der Gremiumsmitglieder in die vom Unternehmen abgeschlossene D&O-Versicherung und satzungsmäßige Haftungsbeschränkungen.

Als Vergütungsmodelle haben sich sitzungsabhängige Vergütungen bewährt, wobei der Vorsitzende des Gremiums aufgrund der damit häufig verbundenen Zusatzaufgaben wie Einladung, Sitzungsleitung und Protokollführung das Anderthalb- bis Zweifache der Vergütung der anderen Gremiumsmitglieder erhält.

Entscheidungen im Konzern

In Konzernstrukturen sollte genau überlegt werden, in welcher Gesellschaft das Gremium installiert wird. Ein Beratungs- und Kontrollgremium muss sich z. B. in den vielfach vorhandenen Betriebsaufspaltungen nicht auf Ebene der Mutter-/Besitzgesellschaft befinden; oftmals ist es sinnvoll, das Gremium in der Betriebsgesellschaft anzusiedeln. Bestehen dagegen mehrere Betriebsgesellschaften, für die eine konzernweite Steuerung erfolgen soll, bietet sich auch ein Gremium auf oberster (Konzern)Ebene an; hier muss juristisch sauber gearbeitet werden, damit die getroffenen Entscheidungen rechtssicher in den Betriebsgesellschaften umgesetzt werden.

Public Relations

In der GmbH bietet sich die Möglichkeit, ein überwiegend mit Kontrollfunktionen ausgestattetes Gremium als Aufsichtsrat zu bezeichnen und eine Liste der Aufsichtsratsmitglieder im Handelsregister zu veröffentlichen. Das kann eine positive Wahrnehmung im Außenverhältnis bewirken, die mitunter von den (potentiellen) Aufsichtsratsmitgliedern selbst gewünscht ist. Auch hier ist sorgsame gesellschaftsrechtliche Gestaltung nötig, da ein solcher Aufsichtsrat in seiner Grundkonstellation sehr weitreichende Rechte aber auch Haftungsrisiken hat.

Grenzen

Bei allen Gestaltungsmöglichkeiten gibt es aber Grenzen. In den Rechtsformenen der GmbH und der GmbH & Co. KG haben immer die Gesellschafter das letzte Wort. Jedes Gremium ist gesellschaftsvertraglich geschaffen und kann im Einvernehmen aller Gesellschafter durch Änderung des Gesellschaftsvertrags wieder beseitigt werden. Die Hürde ist dennoch hoch, da gerade im Streitfall, den viele Unternehmer bei ihren Nachfolgeplanungen vor Augen haben, ein solches Einvernehmen kaum zu erzielen ist.

Kurz und knapp…

Das Gesellschaftsrecht eröffnet ein weites Feld an Gestaltungsmöglichkeiten zur Schaffung freiwilliger Gremien, die an die Bedürfnisse der Unternehmen individuell anpassbar sind. Beirat, Aufsichtsrat und Verwaltungsrat sind für größere mittelständische Unternehmen in jeder Lebenslage eine Überlegung wert!

Ihr

Oliver Stehmann

Testament – Wann zum Notar?
6. November 2016

Ein Testament kann eigenhändig (vollständig selbst geschrieben) verfasst oder notariell beurkundet werden. Beides ist vollständig wirksam. Das notarielle Testament hat auch keine höhere Rechtskraft das handschriftliche. Warum und wann sollte ein Testament also notariell beurkundet werden? Eine nicht ganz einfache Antwort.

Kosten

Die Frage nach der Beurkundung wird meist aus der Kostenperspektive entschieden. Zum Verständnis sind einige grundsätzliche Ausführungen notwendig.

Grundsätzliches

Das handschriftliche Testament kostet zunächst nichts. Nach dem Tod müssen die Erben allerdings fast immer einen sog. Erbschein beantragen. Der Erbschein dient gegenüber Behörden und Gerichten als Nachweis über die Erbenstellung. Er wird vor allem benötigt, wenn sich im Nachlass ein Grundstück befindet. Auch Banken verlangen regelmäßig einen Erbschein für die Umschreibung der Konten des Erblassers auf die Erben.

Liegt ein notarielles Testament vor, ersetzt es den Erbschein im Rechtsverkehr. Im Jahr 2013 hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass auch Banken dies akzeptieren müssen und eine dem widersprechende Klausel in den AGB der Sparkassen für unwirksam erklärt.

Ein notarielles Testament kann auch durch ein handschriftliches Testament abgeändert werden. Das neuere Testament ist im Zweifel immer das gültige. Doch nicht jede Änderung führt dazu, dass das vorangegangene (notarielle) Testament im Rechtsverkehr nicht mehr als Erbnachweis verwendet werden kann. Das ist nur der Fall, wenn die Regelungen zur Erbeinsetzung („Wer wird mit welcher Quote Erbe?“) geändert werden. Werden dagegen beispielsweise nur Vermächtnisse angepasst, ist das ohne Auswirkungen; die Erben erhalten zunächst den gesamten Nachlass und müssen dann die (geänderten) Vermächtnisse erfüllen.

Welche Gebühren fallen an?

Die notarielle Beurkundung eines Testaments kostet eine einfache Notargebühr. Beim gemeinschaftlichen Testament fällt eine doppelte Notargebühr an. Jeweils zzgl. Umsatzsteuer. Bemessungsgrundlage für die Gebühr ist das Vermögen bei Beurkundung.

Das Erbscheinsverfahren ist zweistufig: Zunächst muss ein Antrag (durch Notarurkunde oder direkt bei Gericht) gestellt werden. Danach wird der Erbschein vom Gericht erteilt. Beides kostet jeweils eine Gebühr. Wird der Erbscheinsantrag über einen Notar gestellt, fällt insoweit zusätzlich Umsatzsteuer an. Versterben Ehegatten, sind dies selbständige Erbfälle – auch wenn die Ehegatten ein gemeinschaftliches (handschriftliches) Testament verfasst haben. Die genannten Gebühren fallen so also zweimal an. Bemessungsgrundlage für die Gebühr ist das (jeweilige) Vermögen im (jeweiligen) Erbfall.

Somit scheint das notarielle Testament also günstiger zu sein als das handschriftliche. Aus unserer Erfahrung heraus empfiehlt sich ein notarielles Testament aber erst ab einem gewissen Alter, wenn keine wesentlichen Veränderungen der

Notarielles Testament erst, wenn keine Veränderungen im Erbenkreis und in der Vermögenszusammensetzung mehr zu erwarten sind.

Vermögenszusammensetzung und dem Kreis der voraussichtlichen Erben zu erwarten sind. Ändert sich der Kreis der voraussichtlichen Erben, kann das Anlass für eine andere Erbeinsetzung sein. Das ursprüngliche notarielle Testament wird im Rechtsverkehr ungültig; die Gebühr für das ursprüngliche Testament ist vergeudet. Wer zudem zur Ausnutzung persönlicher Erbschaftsteuerfreibeträge sein Vermögen zu Lebzeiten planvoll in die nächste Generation überträgt, hat zudem im Todesfall ggf. weniger zu vererben, sodass die Bemessungsgrundlage für die Gebühren sinkt.

Neuerungen seit 2016: Europäisches Nachlasszeugnis

Seit 2016 gilt die EU-Erbrechtsverordnung. Sie erleichtert innerhalb Europas die Abwicklung von Erbfällen. Bei einem Nachlass mit Auslandsbezug kann seitdem ein sog. Europäisches Nachlasszeugnis beantragt werden. Nach einigen Unklarheiten zum Start ist inzwischen klar: Das Europäische Nachlasszeugnis dient nicht nur im europäischen Ausland, sondern auch in Deutschland als Nachweis der Erbenstellung und macht damit den Erbschein (in Erbfällen mit Auslandsbezug) überflüssig.

Ein notarielles Testament ersetzt nach den Bestimmungen des deutschen BGB zwar den Erbschein, nicht jedoch das Europäische Nachlasszeugnis. Bei Sachverhalten mit europäischem Auslandsbezug ist deshalb zu prüfen, ob das notarielle Testament im Ausland als Erbnachweis anerkannt wird. Ggf. ist von einem notariellen Testament bei Auslandsbezug also im Einzelfall abzuraten.

Testierfähigkeit

Die notarielle Abfassung eines Testaments ist allerdings immer dann sinnvoll, wenn die Geschäftsfähigkeit (und damit die sog. Testierfähigkeit) des Testamentsverfassers von den späteren Erben bei Streit in Zweifel gezogen werden könnte. Vor Errichtung einer jeden Urkunde muss sich der Notar davon überzeugen, dass die vor ihm erschienene Person sich über die Bedeutung und Tragweite der zu verfassenden Urkunde im Klaren ist. In diesem Fall bringt das notarielle Testament eine erhöhte Sicherheit.

Notarielles Testament auch, wenn Geschäftsfähigkeit des Erblassers festgestellt werden soll.

Gern erarbeiten wir mit Ihnen eine Strategie für den Übergang Ihres Vermögens in die nächste Generation und gestalten Schenkungsverträge und Testamente für Sie. Die Frage nach der Sinnhaftigkeit der Beurkundung prüfen wir in diesem Zusammenhang selbstverständlich mit.

Ihr

Oliver Stehmann

Schönwetter-Selbständigkeit? – Gesellschafter-Geschäftsführer in der Sozialversicherung
12. Oktober 2016

Das Bundessozialgericht vertrat in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass Geschäftsführer sog. „Familiengesellschaften“ auch dann sozialversicherungsfrei sein können, wenn sie nicht mehrheitlich am Kapital der Gesellschaft beteiligt sind. Diese Rechtsprechung hat das Bundessozialgericht in 2012 im sog. „Schönwetterurteil“ in Frage gestellt und spätestens in 2015 explizit aufgeben. Für viele mittelständische Unternehmen, die häufig familiengeführt sind und die sich jahrezehntelang auf diese Rechtsprechung verlassen konnten, stellt sich damit die Frage, ob bislang sozialversicherungsfreie Geschäftsführerdienstverhältnisse damit sozialversicherungspflichtig werden. Und das möglicherweise rückwirkend.

Allgemeines

Der Sozialversicherungspflicht unterliegen grundsätzlich alle abhängig Beschäftigten, also Arbeitnehmer. Selbständige sind hingegen – mit Ausnahmen in der gesetzlichen Rentenversicherung – grundsätzlich sozialversicherungsfrei. Die Beurteilung, ob eine Tätigkeit sozialversicherungspflichtig ist, richtet sich im Wesentlichen danach, ob sie weisungsgebunden und eingegliedert in eine vorgegebene Arbeitsorganisation ausgeführt wird.

In der GmbH, gleich ob es sich um eine selbständige Betriebsgesellschaft oder um die Komplementärin in einer GmbH & Co KG handelt,  ist der Geschäftsführer stets den Weisungen der Gesellschafter unterworfen. Die Arbeitsorganisation wird die durch Gesellschafter vorgegeben. Daher ist ein Geschäftsführer ohne eigene Kapitalbeteiligung, also ein sog. Fremdgeschäftsführer, grundsätzlich abhängig beschäftigt und damit sozialversicherungspflichtig. Sobald ein Geschäftsführer aber an der Gesellschaft beteiligt ist, kann er in seiner Eigenschaft als Gesellschafter an der Willensbildung der Gesellschaft mitwirken und Einfluß auf die ihm erteilten Weisungen nehmen. Ist er Mehrheitsgesellschafter oder verfügt er über eine umfassende Sperrminorität, ist seine Stellung so stark, dass er von weiteren Gesellschaftern nicht mehr gegen seinen Willen angewiesen werden kann. Er genießt dann die typischen Freiheiten eines Unternehmers und ist sozialversicherungsrechtlich regelmäßig als selbständig anzusehen. Dies führt zu seiner Sozialversicherungsfreiheit.

Problematisch ist stets die sozialversicherungsrechtliche Behandlung von Minderheitsgesellschaftern. Vor dem Einsetzen der Niedrigzinsphase und den damit einhergehenden Schwierigkeiten der Versicherungsbranche, gute private Rentenversicherungen anzubieten, war hier die Befreiung von der Sozialversicherung häufig angestrebt. Erreicht werden kann sie durch eine entsprechende Gestaltung der rechtlichen Verhältnisse und der richtigen Umsetzung in der Praxis. Entscheidend ist das Gesamtbild der Tätigkeit. Die Rechtsprechung hat im Laufe von Jahrzehnten Indizien herausgearbeitet, die für oder gegen eine abhängige Beschäftigung sprechen und gegeneinander abgewogen werden müssen. Ein Kriterium war – bis 2012 – das Vorliegen sog. „familienhafter Rücksichtnahmen“.

Frühere Rechtslage bei Familiengesellschaften

Der Gedanke hinter dem Begriff „familienhafter Rücksichtnahmen“ war Folgender: Handelte es sich bei dem Geschäftsführer um einen Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer oder gar um einen Fremdgeschäftsführer und war ein naher Verwandter, häufig der Ehepartner, Mehrheits- oder Alleingesellschafter, ging man davon aus, dass Entscheidungen im Unternehmen nie gegeneinander, sondern regelmäßig einvernehmlich getroffen werden. Diese Gestaltung wählte man früher auch häufig aus steuerlichen Gründen, der mehrheitsbeteiligte Partner hielt sich nicht selten aus unternehmerischen Entscheidungen heraus. Erreichten Familienmitglieder unter diesem Gesichtspunkt in einer Gesellschaftervsammlung rechnerisch die Mehrheit, hat man sie insgesamt als Selbständige und damit sozialversichungsfrei behandelt.

Neue Rechtslage – das Schönwetterurteil

Diese Rechtsprechung hat das Bundessozialgerichts 2012 in Frage gestellt. In seinem Urteil vom 29. August 2012 (Az. B 12 KR 25/10) hat der 12. Senat mehr beiläufig und ohne dass es in dieser Entscheidung darauf ankam erwähnt, dass die Selbständigkeit einer Person nicht davon abhängen könne, ob und wie lange „schönes Wetter“ innerhalb der Familie herrsche. Dies hätte nach Auffassung des 12. Senats zur Folge, dass im Falle eines Zerwürfnisses in der Familie, in Extremfällen etwa der Scheidung, die Selbständigkeit enden müsse.

„Eine solche ‚Schönwetter-Selbstständigkeit‘ ist mit Blick auf das Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbe­stände schwerlich hinnehmbar.“ [Bundessozialgericht v. 29. August 2012]

In der Fachwelt blieb diese Entscheidung weitgehend unbeachtet. Die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung haben sich erst durch Änderung ihres Rundschreibens „Statusfestellung von Erwerbstätigen“ am 9. April 2014 dieser Rechtsprechung angeschlossen. Die Instanzgerichte verstanden dies als Abschaffung der Familien-GmbH und entschieden dementsprechend. Das Bundessozialgericht bestätigte die neue Rechtsprechung dann letzten Endes im November 2015. In 2016 sind die entsprechenden Entscheidungen dann publiziert worden. Die Rechtsprechung hat zwischenzeitlich auch die sog. „Kopf-und-Seele-Rechtsprechung“ aufgegeben, wonach ein Geschäftsführer, der zwar nicht Mehrheitsgesellschafter, aber auf Grund seines Know-Hows „Kopf und Seele“ des Unternehmens war, eher dem Kreis der Selbständigen zugerechnet werden musste. Auch dieses Indiz spielt nunmehr in der Gesamtbeurteilung zur Frage der Selbständigkeit keine Rolle mehr.

Die für die Statusfeststellung zuständige Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund stellt nun vielmehr verstärkt auf die Rechtsmacht eines Gesellschafter-Geschäftsführers ab, ihm nicht genehme Weisungen zu verhindern. Die Bewertung und Gewichtung der Indizien, die im Rahmen der o.g. Gesamtabwägung zu beurteilen sind, bleibt aber unklar. Wir streiten gerade mit der Deutschen Rentenversicherung Bund für unsere Mandanten, die in diese Falle geraten sind.

Auswirkungen auf die Praxis

Viele Unternehmer gingen vom Bestand der bis 2014 geltenden und auch so praktizierten Rechtslage aus. Die wenigsten haben in jüngerer Zeit eine sog. Statusfeststellung durchführen lassen, die Rechtssicherheit schaffen könnte. Dies ist ein formalisiertes Verfahren, das sozialversicherungsrechtlich verbindlich den Status einer Person feststellt. Wo eine Statusfeststellung in der Vergangenheit erfolgt ist, muss bedacht werden, dass diese nur so lange wirkt, bis sich die Verhältnisse ändern. Bei lange zurückliegenden Statusfeststellungen, die früher auch von den Krankenkassen als Einzugsstellen durchgeführt worden sind, dürften sich die Verhältnisse in der Zwischenzeit ganz erheblich geändert haben. Es stellt sich also im Einzelfall die Frage, ob eine früher durchgeführte Statusfeststellung heute noch die notwendige Sicherheit bietet.

Das Risiko einer Falschbeurteilung des Status  – ohne aktuelle Statusfeststellungsentscheidung – trägt das Unternehmen: ist ein Geschäftsführer bislang als Selbständiger behandelt worden, tatsächlich aber als abhängig Beschäftigter zu beurteilen, sind die Sozialversicherungsbeiträge – und zwar Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteil – zuzüglich Säumniszuschlägen, nachzuentrichten. Zudem kann das fahrlässige Nichtabführen von Sozialversicherungsbeiträgen strafbar sein.

Wir beurteilen die Situation wie folgt:

  1. Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer haben künftig kaum noch eine Chance, sozialverischerungsrechtlich selbständig zu sein. Die einzig sichere Möglichkeit bieten umfassende Sperrminoritäten im Gesellschaftsvertrag, mit denen der Betroffene Weisungen der Mehrheitsgesellschafter verhindern kann. Die Rechtsprechung steht voraussichtlich vor der Aufgabe, Abgrenzungskriterien zu der Frage zu entwickeln, wie weit diese Sperrminoritäten gehen müssen.
  2. Häufige Regelungen in Geschäftsführer-Dienstverträgen zu festen Entgelten, Urlaub oder Entgeltfortzahlung sind arbeitnehmertypisch und geben bei der Frage, ob der Geschäftsführer wie ein Unternehmer handelt, künftig möglicherweise den Ausschlag zuungunsten der Sozialversicherungsfreiheit.
  3. Soweit ein Statusfeststellungsbescheid existiert, sollte zunächst überprüft werden, ob er nicht infolge einer Veränderung der Verhältnisse möglicherweise bereits unwirksam geworden ist. In Zweifelsfällen schafft ein erneuter Antrag oder ein Erstantrag – unter vorheriger Optimierung der rechtlichen Verhältnisse im Sinne des Mandanten – Klarheit.

Gern sind wir Ihnen bei einer Einschätzung Ihres sozialversicherungsrechtlichen Status behilflich. Sprechen Sie uns an.

Ihr

Jens Orth

Die Wahl der richtigen Rechtsform
11. Oktober 2016

Die Wahl der optimalen Rechtsform ist von einer Vielzahl von Faktoren abhängig. Beinahe selbstverständlich für Unternehmer ist die Absicherung des eigenen Vermögens durch die Nutzung einer haftungsbeschränkten Gesellschaft. Haftungsbeschränkte Gesellschaften gibt es in vielen Ausgestaltungen. Aufgrund der zahlreichen Gestaltungsmöglichkeiten können diese Rechtsformen zudem einander stark angenähert werden. Dennoch verbleiben Unterschiede.

Die nachfolgenden Ausführungen geben einen Überblick über die zwischen den Rechtsformen nicht durch Satzungsgestaltung zu beseitigenden Unterschiede. Sie zeigen zudem auf, welche Vor- und Nachteile die einzelnen Rechtsformen in organisatorischer und steuerlicher Hinsicht bieten und wie stark eine Rechtsform den individuellen Bedürfnissen angepasst werden kann. Der Überblick erfasst die wesentlichen haftungsbeschränkten Personen- (GmbH & Co. KG) und Kapitalgesellschaften (GmbH, AG, GmbH & Co. KGaA sowie die SE).

Organisation (Gesellschaftsrecht)

Wesentliche Unterschiede zwischen den Gesellschaftsformen bestehen in der Ausgestaltung ihrer Organisation.

Die GmbH & Co. KG bietet grds. den größten rechtlichen Gestaltungsspielraum. Von beinahe allen gesetzlichen Regelungen kann durch Gesellschaftsvertrag abgewichen und die Organisationsstruktur frei vereinbart werden. Hiervon ausgenommen sind aber zwei Bereiche:

Die GmbH & Co. KG erlaubt ferner die für Familien wichtigen, flexiblen Regelungen zur Nachfolge, weil der Gesellschafterkreis gut beschränkt werden kann.

Die Satzung der GmbH kann ebenfalls weit von den gesetzlichen Bestimmungen abweichen. Die Grenzen sind jedoch enger als bei der GmbH & Co. KG. Unzulässig ist die Übertragung solcher Aufgaben auf einen Aufsichtsrat (oder sonstiges Organ), die zwingend der Gesellschafterversammlung oder der Geschäftsführung vorbehalten sind. Dazu gehören:

Die GmbH ist überdies wesentlich formaler als die GmbH & Co. KG; insbesondere muss die Satzung notariell beurkundet werden und sind Änderungen ebenfalls beurkundungspflichtig.

Während bei den oben genannten Gesellschaften die Vertragsfreiheit dominiert, gilt für die Aktiengesellschaft (AG) die sog. Satzungsstrenge. Eine Abweichung von den (sehr umfassenden) Regelungen des Aktiengesetzes ist nur zulässig, soweit das Gesetz dies erlaubt. Ein Verwaltungsrat/Board kann in der AG aufgrund des zwingenden dualistischen Systems (Geschäftsführung durch den Vorstand; Kontrolle des Vorstands durch den Aufsichtsrat) nicht umgesetzt werden. Das wirkt sich auch auf die Position der Gesellschafter (Aktionäre) aus: Der Vorstand ist Weisungen der Aktionäre nicht unterworfen. Das kann vor allem bei zerstrittenen Gesellschaftern vorteilhaft sein, da ein Handeln des Vorstands immer auf das Wohl des Unternehmens und nicht auf die Befriedigung von Gesellschafterinteressen gerichtet ist. Die Aktionäre sind dagegen nur zuständig für Satzungsänderung, Kapitalbeschaffung und Auflösung der AG.

Die Vorteile der AG ergeben sich aus der Stückelung des Gesellschaftskapitals in Aktien und deren Übertragbarkeit. Die Kapitalbeschaffung über Aktien­emission am Kapitalmarkt ist für Familiengesellschaften wegen Verwässerung der eigenen Aktienquote selten interessant; insbesondere gelten nur für nichtbörsennotierte („kleine“) AGs zahlreiche formale Erleichterungen (z. B. weniger Beurkundungspflichten, weniger Einladungsformalien, weniger Publizitätspflichten). Für Familiengesellschaften bietet sich eine AG jedoch ggf. aus dem Aspekt der Mitarbeiterbeteiligung an, da die Aktien relativ leicht übertragen werden können, weil kein Beurkundungserfordernis besteht.

Die Beschränkung des Aktionärskreises auf Familienmitglieder ist in der AG nur über das komplexe Verfahren zu Einziehung von Aktien möglich.

Die GmbH & Co. KGaA stellt zwar eine Mischform aus Personen- und Kapitalgesellschaft dar, ist aber durch den Einsatz einer GmbH als Komplementär letztlich beinahe reine Kapitalgesellschaft. Das Recht der KGaA verweist sowohl auf das Aktienrecht als auch auf das Recht der Personengesellschaften. Zahlreiche Rechtsfragen sind aufgrund der geringen Bedeutung der Rechtsform ungeklärt. Es besteht jedenfalls keine Satzungsstrenge wie bei der AG. Unklar ist, ob Satzungsänderungen ganz oder nur teilweise (hinsichtlich des aktienrechtlichen Teils) beurkundungsbedürftig sind. Zur Sicherheit empfiehlt sich deshalb stets die notarielle Beurkundung.

Aufgrund der persönlichen Haftung sind – wie bei der GmbH & Co. KG – zahlreiche Geschäfte nicht ohne Zustimmung bzw. gegen den Willen des Komplementärs möglich. Das macht die KGaA zur guten Alternative für börsennotierte Familiengesellschaften: Sichert die Familie ihren Einfluss auf den Komplementär (z. B. über eine der Familie gehörige Komplementär-GmbH), können Aktien am Kapitalmarkt ausgegeben werden, ohne dass der Einfluss der Familie – anders als bei der AG – wegen Verwässerung der Aktienquote darunter leidet. Die KGaA kann also übernahmeresistent ausgestaltet werden. Im Übrigen gelten die Ausführungen zur AG.

Die Societas Europaea (SE) ist in weiten Bereichen mit der AG vergleichbar. Ihr Vorteil besteht vor allem in der Anerkennung in allen europäischen Staaten. Vereinfacht werden sollen so:

Jede Gründung einer SE setzt einen Mehrstaatenbezug voraus und ist nur sehr eingeschränkt zulässig; zur Umgehung der Formalien werden teilweise  auf Vorrat gegründete SE zunächst erworben.

Die SE erlaubt als einzige Gesellschaft neben dem dualistischen System (Vorstand führt die Geschäfte, Aufsichtsrat kontrolliert den Vorstand) ein echtes monistisches System. In diesem System überwacht ein Verwaltungsrat die Geschäfte, die er geschäftsführenden Direktoren übergibt. Weil diese gleichzeitig (bis zur Hälfte dessen Stärke) Verwaltungsratsmitglieder sein dürfen, werden Geschäftsführungs- und Aufsichtsebene hier vereint.

Wegen zahlreicher konkurrierender Vorschriften (SE-VO, SE-AG, AktG) und der jungen Rechtsform sind zahlreiche Formalien und Gestaltungsmöglichkeiten noch ungeklärt. Zur Sicherheit empfiehlt sich auch bei fehlender Börsennotierung die Einhaltung der Vorschriften für börsennotierte AGs.

Alle vorstehenden Rechtsformen können nach dem Umwandlungsgesetz umgewandelt werden.

Rechnungslegung und Gewinnverwendung

Für die AG, die KGaA und die SE bestehen besondere Gliederungsvorschriften für den Ausweis des Eigenkapitals in der Bilanz sowie die Einstellung in Rücklagen in GuV/Anhang. Für die KGaA müssen zudem auch Angaben zu den Kapitalanteilen der Komplementäre gemacht werden.

In den vorgenannten Gesellschaften müssen zudem jährliche Zwangsrücklagen in Höhe von 5 % des Jahresüberschusses und bis zur Erreichung von 10 % des Grundkapitals gebildet werden.

Steuerbelastung

Lange Zeit waren unterschiedliche Steuerbelastungen in den verschiedenen Rechtsformen ausschlaggebend für die Wahl einer bestimmten Rechtsform. Die GmbH & Co. KG bot Vorteile in der Erbschaft- und Schenkungsteuer. Bei der Einkommensbesteuerung boten hingegen die Kapitalgesellschaften Vorteile, da die (zwangs-)thesaurierten Gewinne günstig besteuert wurden. Diese Unterschiede sind in den letzten Jahren nivelliert worden. Der Gesetzgeber hat insbesondere auch für Personengesellschaften eine Begünstigung thesaurierter Gewinne geschaffen. Diese unterscheidet sich nur in der sofortigen Nachversteuerung bei Überentnahmen und in der Abwicklung von den Kapitalgesellschaften: dort werden Gewinne automatisch thesauriert und entsprechend günstig besteuert (15 % KSt + ca. 14 % GewSt); in der GmbH & Co. KG setzt die günstige Besteuerung (28,25 % ESt) einen Antrag voraus.

Häufig wird derzeit für die Vorteilhaftigkeit einer reinen Kapitalgesellschaftsstruktur in Konzernen § 8 b KStG ins Feld geführt. Danach können Gewinnausschüttungen einer Kapitalgesellschaft an ihre Mutterkapitalgesellschaft dort (beinahe) steuerfrei vereinnahmt werden; lediglich 5 % der Gewinnausschüttung werden der Körperschaftsteuer unterworfen. Solange Gewinne im Unternehmen thesauriert werden, ist jedoch die GmbH & Co. KG auch hier wegen der Möglichkeit der Thesaurierungsbegünstigung nicht mehr benachteiligt.

Soll der Gewinn den Anteilseigner erreichen, gilt vereinfacht (ohne SolZ und KiSt):

Infolge der Transparenz werden – soweit der Gesellschafter Eigenkapital gebracht hat – Verluste der GmbH & Co. KG – anders als bei Kapitalgesellschaften – mit Einkünften der Gesellschafter aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen.

Fazit: Es bestehen nur marginale Unterschiede. Bei geringen Gewinnen und bei zu erwartenden Verlusten ist die Personengesellschaft günstiger.

Steuerliche Besonderheiten

Steuerliche Besonderheiten sollten bei der Wahl der Rechtsform dagegen berücksichtigt werden.

Zwischen den Vermögen der Kapitalgesellschaften und ihren Gesellschaftern besteht steuerlich eine klare Trennung. Daraus folgt:

Die Personengesellschaft ist im Gegensatz zu den Kapitalgesellschaften steuerlich transparent. Trotz rechtlicher Trennung des Vermögens der Gesellschafter vom Vermögen der Gesellschaft besteht diese Trennung steuerlich nur eingeschränkt.

Die Gestaltungsmöglichkeiten in der Personengesellschaft sind also größer und die damit verbundenen Risiken geringer als in der Kapitalgesellschaft.

Arbeitsrecht

Aus der Rechtsform können kollektivarbeitsrechtliche Verpflichtungen erwachsen. So können die Gesellschaften selbst bei Erreichen der Größenkriterien dem Drittelbeteiligungsgesetz und dem Mitbestimmungsgesetz unterliegen. Mit Ausnahme der SE können Kapitalgesellschaften zudem beim Bestehen von Beherrschungsverträgen (reine Ergebnisabführung reicht nicht) zu einer Zusammenrechnung der Arbeitnehmer von Tochtergesellschaften führen.

Die SE dagegen ist nicht mitbestimmt; das gilt aber nur, soweit bei Gründung keine Mitbestimmung gegeben war, denn eine „Flucht aus der Mitbestimmung“ soll nicht ermöglicht werden.

Publizität/Kosten

Die Satzungen der Gesellschaft und teilweise auch die Beschlüsse werden bei Kapitalgesellschaften im Handelsregister veröffentlicht. Die elektronische Offenlegung der Jahresabschlüsse trifft alle haftungsbeschränkten Gesellschaften.

Aufgrund vieler Beurkundungserfordernisse sind Kapitalgesellschaften im Regelfall im Tagesgeschäft deutlich kostenintensiver als die GmbH & Co. KG.

Kurz und bündig…

GmbH & Co. KG:

„Als Holding wegen geringer Formalien, großer Vertragsfreiheit und vielen Umstrukturierungsmöglichkeiten gern gewählt.“

GmbH:

„Einfache Strukturen und steuergünstige Gewinnthesaurierung, wenn keine Ausschüttung beschlossen wird. Gut als Tochtergesellschaft im Konzern.“

AG:

„Für Familienunternehmen in Streitsituationen oder bei fehlender Nachfolge auf Geschäftsleitungsebene sowie für wesentliche Mitarbeiterbeteiligung zu bevorzugen. Formalien müssen in Kauf genommen werden.“

KGaA:

„Bei wesentlicher Mitarbeiterbeteiligung oder für Kapitalbeschaffung über Aktienemissionen an der Börse bei gleichzeitiger Sicherung des Familieneinflusses das Mittel der Wahl.“

SE:

„Für einheitliche Strukturen über innereuropäische Grenzen hinweg.“

Gerne beraten wir Sie ausführlicher!

Ihr

Oliver Stehmann